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Neue Pistolenkarabiner von GSG: Geht doch!


Die GSG-9 Modelle im Test - ein Bericht von Visier. Text von Dieter Metz und Matthias S. Recktenwald

Neue Pistolenkarabiner von GSG: Geht doch!

Die GSG-9 Modelle im Test - ein Bericht von Visier. Text von Dieter Metz und Matthias S. Recktenwald

Sie heißen GSG-9, es gibt sie mit Lauflängen in 7,5 und 16,6 Zoll, es sind Pistolenkarabiner und sie feiern hier ihre Praxis-Premiere außerhalb des Werks. Fragt sich, was die Waffen bieten und ob sie eine Alternative zur Konkurrenz bieten. Hier Ergebnisse und Antworten.

Seit einigen Jahren sind sie bei Sportschützen auf dem Vormarsch – Selbstladekarabiner in Pistolenkalibern. Eine Kombination, die dieser Waffenart die Gattungsbezeichnung „Pistolenkarabiner“ eingetragen hat. In diese Kategorie reihen sich auch die unter der Bezeichnung „GSG-9“ gelaunchten, hier erstmals präsentierten Neuheiten der Firma German Sport Guns ein und bieten dabei auch ein Wortspiel: Zum einen ist „GSG“ die Abkürzung des Herstellernamens, die Ziffer „9“ steht für das verwendete Kaliber 9 mm Luger alias 9 mm Parabellum, soweit klar. Gleichzeitig steht das aber auch für die seit sieben Jahren zur Bundespolizei gehörende Antiterroreinheit GSG 9. Somit erweist der neue Pistolenkarabiner von German Sport Guns auch den Mitgliedern dieses polizeilichen Spezialverbands seine Reverenz. Einen Unterschied gibt es freilich: Die berühmteste Polizeitruppe Deutschlands schreibt sich ohne, die neuen Pistolenkarabiner hingegen mit einem Bindestrich zwischen Buchstaben und Ziffer.

Hintergründe:

Ehe es zum Testbericht geht, sei darauf eingegangen, warum solche als „Pistolenkarabiner“ bekannten Versionen derzeit einen Boom erleben, auch in Deutschland. Nun, der Schießsport wird stets teurer und den Schützenvereinen werden politischer und behördlicherseits immer mehr Steine in den Weg gelegt, um 100-Meter-Stände für größere Kaliber unterhalten zu können. Was aber bei vielen Vereinen noch existiert, sind 25- und natürlich 50-Meter-Stände, die für Kurzwaffenmunition bis Kaliber .44 Magnum zugelassen sind. Okay, nun ist die Dirty-Harry-Patrone nichts, das auf Dauer für kleines Geld zu haben ist. Also mal die Preise diverser Kurzwaffenkaliber verglichen, hier jeweils bezogen auf eine 50er Packung:

  • 9 mm Luger: zirka 15 Euro
  • .357 Magnum: zirka 25 Euro
  • .44 Magnum: zirka 30 Euro

Dann eins der auf 50 Meter Distanz gängigsten Gewehrkaliber: Die .223 Remington liegt auch bei zirka 30 Euro. Das zeigt, dass der Schießspaß bei 9 mm Luger bei gleichen Kosten länger dauert. Und nur ein sportlich gängiger Kalibertyp ist günstiger als 9 mm Luger, nämlich die KK-Patrone 22 l.r., da geht es – wieder pi mal Daumen – mit fünf Euro für die 50er Schachtel los. Im Großkaliberbereich ist 9 mm Luger der King. Bei keinem anderen für Selbstladepistolen kreierten Kaliber gibt es so viele Laborierungen. Daher wurden auch diverse Sportdisziplinen dafür entwickelt. Noch einen Vorteil hat, wer bereits eine 9-mm-Kurzwaffe hat – er kann die gleiche Munition nutzen.

Wer ist German Sport Guns?

Das unter dem Kürzel „GSG“ bekannte Unternehmen wurde 2002 von ehemaligen Umarex-Mitarbeitern gegründet und hat seinen Stammsitz im sauerländischen Ense. Die GSG GmbH wurde 2013 von der L & O Holding übernommen, bei der unter anderem die Blaser Group Anteilseigner ist. Seit 2014 gehört der Rastatter Sportwaffenhersteller Diana zu GSG. Die Website von GSG zeigt, wie breit die Firma aufgestellt ist. Es werden dort diverse Kurz- und Langwaffen unter den Markennamen Diana, SIG Sauer, Mauser und GSG in vielen Kalibern angeboten. Und eben der brandneue Pistolenkarabiner, der bei VISIER in den Test ging – das heißt, das tat nicht ein Gewehr, sondern zwei: Die Sauerländer lieferten zwei Varianten (eigentlich waren es sogar drei, denn eine der Waffen kam in doppelter Ausführung).

Die GSG-9-Karabiner ...

... kamen in schönen schwarzen Kunststoffkoffern, von denen jeder mit Noppenschaumstoff ausgekleidet ist und das Inventar sicher schützt. Unterschiede: Eine Spielart hatte die Lauflänge von 193 mm (nominell 7,5 Zoll), die andere ein Laufmaß von 425 mm (nominell 16,6 Zoll), jeweils gemessen ohne den 67-mm-Mündungsfeuerdämpfer, der mit seinen Längssschlitzen und umlaufenden Rillen aussah wie eine A2-Ausführung – aber mit einem Door Breacher-gemäß ausgezackten Kopfende: Das war ein cooles Gimmick.

Für das nächste Unterscheidungsmerkmal sorgten die Schäfte. Die Kurz-Fassung des GSG-9 kam mit einer über zwei seitliche Schienen ausziehbaren Anschlaghilfe. Diese Schienen liefen in seitlichen Gehäusenuten und boten vier Rasten. Lösen ließ sich das per hochragendem und zur Seite kippendem Hebel hinten am System. Nicht vergessen sei die Dreingabe einer kleinen 50 mm langen Pica Rail hinten oben auf dem Schulterstück. Wichtig: Auch wenn zwei Kurz-Versionen eintrafen, so unterschieden die sich erheblich. Denn eine der beiden war als Kurz-, die andere als Langwaffe konzipiert und damit speziell von Jägern vereinfacht zu erwerben. Der Unterschied: Bei einer der zwei Kurzen wurde die Einschuboption per Vernietung im Schaft begrenzt. So kann man diesen zwar einschieben, bleibt aber bei der Gesamtlänge stets über den gesetzlich wichtigen 60 cm. Die lange Variante bot einen Mil-Spec-Schubschaft, der à la AR auf einer röhrenförmigen Buffer Tube lief und mittels eines an fünf Positionen rastenden, unten liegenden Kipphebels in der Länge zu justieren war. Der Schaft kam – vereinfacht gesagt – als Rohrstück mit darauf gesetzter Kombination von Wangenstück und Schulterstütze. Ein Design, wie es AR-Fans etwa durch den Breacher Stock von German Tactical Systems oder den AR-15 Stock von Gauntlet Arms kennen. Oh, anders als bei ARs steckte in dieser Pufferröhre keine Verschlussfeder, die sitzt bei der GSG-9 im Verschlussgehäuse. Des Weiteren unterschieden sich die GSG-9er durch ihre Handschutze. Die kurze hatte ein 165 mm langes Kunststoffelement mit über 20 Längsschlitzen, von GSG als „MLok-Optik“ beschrieben. Bei der langen Variante gab’s einen 380 mm langen CNC-gefrästen Handschutz, der seitlich ganz geschlossen war und wohl aus demselben Flugzeug-Alu bestand wie das Gehäuse.

Nächster Unterschied: die Visierungen. Lang und Kurz kamen mit je einer Picatinny-Schiene von 330 mm Länge. Hier saß bei der kurzen ab Werk eine starre Visierung. Vorn gab’s ein Balkenkorn, umrahmt von zwei hohen Backen, die integral zur Handschutz-Front gehörten. Hinten an der Rail saß ein Kästchen, das eine seitenverstellbare Lochkimme trug. Auch beim Korn gab es Optionen, im Zubehör lag ein Kunststoff-Gießast mit diversen Austauschkornen, insgesamt hatte man die Auswahl aus zehn Stück. Die lange GSG-9 hingegen zeigte sich oben ohne. Im Geist notierten sich die Tester: „Macht nichts, da packen wir sowieso ein Rotpunkt oder ein ZF drauf.“ Bis die Pupille zwei kleine Pappschachteln erspähte. Inhalt: Flip-Up-Visierelemente für vorn und hinten, zu montieren auf der Picatinny-Schiene. Saßen sie drauf, ließen sich Korn und Kimme via geriffelten Schieber entriegeln, worauf sie schwungvoll in die Höhe federten.

Gemeinsam war dem Duo die restliche Ausstattung und Anmutung: Beide kamen mit links montiertem Spanngriff – da fühlten sich die ehemaligen Bw-Dienstleistenden im VISIER-Team an ihr G3 erinnert. Insgesamt wirkten die Waffen wie ein Verbund aus Elementen dieses ehemaligen deutschen Ordonnanzgewehrs und solchen der AR-Plattform, alles maßstäblich verkleinert. Die laut GSG in good old Germany designten und technisch umgesetzten Waffen boten Gehäuse aus CNC-gefrästem Flugzeug-Alu, gehämmerte Läufe, einstellbare Two-Stage-Abzüge, geführte Verschlüsse und eine beidseitige Bedienbarkeit – übrigens auch beim Spanngriff, denn der ließ sich nach rechts umtopfen. Viel Komfort gab es beim Magazinlösen: Entweder aktivierte man die Funktion durch den klassischen Druckknopf rechts am System oder durch zwei Wipptasten vorn oben am Abzugsbügel. Die Munition wird beim GSG-9 standardmäßig per modifiziertem Glock-Magazin zugeführt. Dabei kommen die Waffen mit einem fest am Magazinkorpus installierten Adapter. Der sorgt dafür, dass nur diese auf zehn Schuss beschränkten Patronenbehälter in den Magazinschacht passen. Grund: Die zehn Schuss sind ja bei solchen Langwaffen im Gefolge der bislang letzten EU-Feuerwaffenrichtlinie als Maximum vorgeschrieben. Wer nun eine Selbstladepistole mit theoretisch passendem 15- bis 20-Schuss-Magazin zuhause hat, wird so technisch an dessen missbräuchlichem Einsatz im Pistolenkarabiner gehindert. Wer will, kann SIG P320-Magazine nutzen. Dazu findet sich im Lieferumfang je ein Adapter, der sich leicht in den Schacht einbauen lässt.

Beim testmäßigen Bespielen kam erst die 7,5er Variante GSG-9 Rifle dran. Ihr Kunststoff- Handschutz bot eine ordentliche Haptik und einen guten Griff. Hatten die Tester beim ersten Probieren die Köpfe geschüttelt, als sie die inklusive ihrer Schienen aus Kunststoff gefertigte Schulterstütze sahen, so revidierten sie ihr erstes Urteil: Die Schienen erwiesen sich als erstaunlich verwindungssteif und saßen in arretiertem Modus wackelfrei in den Aufnahmen. Gut in der Schulter lag die Stütze zudem. Der Abstand von Schulter zu Abzug betrug somit 230 bis 360 mm und ließ sich in fünf Stufen einstellen. Nachdem auf der Picatinny-Schiene das UTG-Leuchtpunktvisier mit 4 MOA Dot montiert und eingeschossen war, konnte es auf 25 m los gehen. Die 16,6“-Variante GSG-9 Sport bot dank des längeren Laufes mehr Visierlinie und dank des Alu-Handguards auch mehr Masse nach vorn; dort gab‘s dann auch eine zusätzliche kurze Picatinny-Schiene. Die Buffer Tube-Schulterstütze zeigte sich als gute, fast wackelfreie Schulterstütze, deren Rastungen sauber griffen und sicher hielten. Als sehr gut bewerteten die Prüfer die profilierte Gummiplatte hinten drauf, welche das Gewehr rutschfest in der Schulter hielt.

Erster Check bei beiden: Das Wechseln des Magazins könnte weniger hakelig funktionieren. Zweiter Check: Die Balance im Anschlag, durch ihr geringes Gewicht ließ sich gerade die kurze Waffe leicht freihändig im Ziel halten. Der dritte Check galt dem Abzug. Dank seiner zwei Stufen gab es erst 800 Gramm Vorzug bis zum Druckpunkt, ehe er mit etwas Kriechen bei 2100 respektive 2200 Gramm auslöste. Klares Urteil: Damit lässt sich weit besser schießen als mit den Mil-Spec-Abzügen, wie sie in vielen ARs stecken. Der GSG-9-Abzug kommt einstellbar, ab Werk bot er das niedrigste Abzugsgewicht. Und? Wer wird das je ändern, um bei einer solchen Waffe mit einem schwergängigeren Abzug zu leben? Vierter Check: das Spannen. Dazu den Spannschieber à la G3 nach hinten ziehen. Lässt man ihn los, streift der Masseverschluss durch die jetzt gespannte Verschlussfeder die Patrone aus dem Magazin und fördert sie ins Patronenlager. Das klappte nicht immer: Es kam bei Hohlspitzpatronen zu vereinzelten Zuführstörungen beim händischen Fertigladen. Ein Plus sei erwähnt: Der Spannschieber bewegt sich im Schuss nicht. Und ist das letzte Geschoss auf der Reise, hält ein Verschlussfang den Verschluss offen – das funktionierte tipptopp. Dito – fünfter Check – die beidseitig bedienbare Sicherung, sie lief sehr weich, rastete aber klar und sauber. Also alles gut? Hm. Damit sei zu den genannten Flip-Up-Visierteilen übergeleitet. Zum Verstellen des Korns dient ein Kunststoffdrehschlüssel, bei dem kleine Pins in die Kornverstellung eingreifen. Leider waren diese arg filigran ausgeprägt und brachen alsbald ab.

Filigran wirkten auch die Läufe, da sie an den Mündungen nur 13 mm im Durchmesser maßen. Vor allem die lange Version erschien so als ähnlich spillerig wie der abschraubbare Mündungsfeuerdämpfer mit seinen scharfkantigen Gasschlitzen. So what – irgendwo her muss ja der günstige Preis herkommen. Zumal dies alles der Präzision keinen Abbruch tat: Auf 25 m sind 25 mm, auf 50 m locker 40 mm und besser als Streukreis zu halten. Gruppen um 30 mm auf 25 m gab es schon beim ersten Probieren selbst beim kurzen GSG-9-Prüfling, auch wenn dessen Lauflänge auf 50 m die Streukreis etwas aufgehen ließ (siehe Tabelle). Auch einige Schützenfreunde testeten das Duo und äußerten sich positiv zum Handling und den guten Resultaten, die sie ohne Übung hinbekamen.

Nach dem Schießen ...

... soll man ja seine Waffe reinigen. Um zu sehen, wie man eine unbekannte neue Waffe zerlegt, blättert der testende Mensch in der Bedienungsanleitung, doch tatsächlich, das tut er. Und stellt fest: Die ist von herausragender Qualität. Mit unmissverständlichen Bildern und so eindeutigem wie knackig-knappem Text findet sich da alles erklärt, was man an den Waffen aus Ense an-, ab- und umbauen respektive einstellen kann. Was nicht heißt, dass es nicht fummelig wird. Um etwa den Verschluss zu entnehmen, muss man (ähnlich AR) zwei Stifte abnehmen, die das Abzugsmodul am Verschlussgehäuse halten. Leider kann man die nicht AR-like hinausdrücken, sondern muss mit zwei Torx-Schlüsseln Schraube und Bolzen lösen und dann ins Freie drücken. Ist die Abzugseinheit draußen, kann man den Puffer des Verschlusses werkzeuglos entfernen, um den Masseverschluss zu entnehmen. Der sieht sehr gut aus, ist fein ohne raue Werkspuren gefertigt. Der Zusammenbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. Beim Montieren des Abzugsmoduls achte man auf akkurat fluchtende Bolzenlöcher. Sonst hakelt es. Bolzen und Löcher könnten eine Anfasung gebrauchen, das würde den Vorgang erleichtern.

Das Fazit:

Die 7,5“-Variante der GSG-9-Reihe präsentierte sich durch ihr geringes Gewicht und das kurze Maß als Fun-Waffe für Kurzdistanzen. Sie ist sehr leicht zu handhaben. Die 16,6“-Variante fühlt sich „erwachsener“ an und eignet sich für die 50-Meter-Distanz und für alle Präzisionsdisziplinen besser, sie hat auch eine sportliche Zulassung mit BKA-Bescheid. Da kann sich der Kunde das jeweils Passende heraussuchen. Diese Stücke erleichtern den Einstig in die Welt der halbautomatischen Karabiner in „Nine Mil“, wie der Amerikaner das Kaliber 9 mm Luger nennt. Die Waffen erinnern etwas ans G3 und haben eine für den Zweck gute Präzision. Natürlich sind sie keine High End-Waffen, aber das wollen und können sie auch zu diesem Preis nicht sein. Wichtig: Diese Stücke kosten weniger als die Hälfte dessen, was manches Konkurrenzprodukt erfordert. Und sie erfüllen einwandfrei ihren Zweck, haben bis auf ein paar Hakeleien und Kinderkrankheiten (Kornstellschlüssel) sauber funktioniert. Das sind durchdachte, gut ausgeführte Pistolenkarabiner, die sicher ihre Kunden finden werden – und die etwas anderes zeigen: Deutschland ist zu teuer, kriegt nix mehr auf die Reihe, kann mit dem Ausland nicht mithalten, viele Firmen wandern ab. Und dann kommt GSG und beweist: Es geht doch!